Exzentriker glänzen oft mit guten Ideen, können aber die Teamdynamik stören. Da ist Fingerspitzengefühl der Führungskraft gefragt.
Teamarbeit und Individualismus
„Bleibt mir weg mit Teamarbeit, einer schießt doch immer quer, eine motzt ständig“, seufzt die Abteilungsleiterin. „Leute einfach laufen lassen geht schief.“ Das habe sie schnell erkannt und in vielen Gesprächen gegengesteuert. Klar, niemand möchte eine laue Gruppe, die sich in bräsiger Harmonie eingerichtet hat und Dinge nicht vorantreibt. Ebenso klar: Zwei, drei Exzentriker, die ihre Eigenarten hemmungslos ausleben, können eine Zusammenarbeit erschweren bis unmöglich machen.
Kontextabhängige Teamleistung
„Es kommt wirklich darauf an, in welchem Kontext wir uns aufhalten“, sagt Irene Maria Kern, Coach aus Hamburg. Gruppenleistung ist nicht immer der Einzelleistung überlegen. Ist etwa eine Menge Post versandfertig zu machen, erledigt das ein homogenes Team mit starkem Wir-Gefühl effizient. Additive Aufgaben sind wie gemacht für eine freundschaftlich verbundene Gruppe, in der keiner den anderen im Stich lassen will. Anders ist das bei kreativen oder komplexen Problemlösungen, wo ein diverses Team besser funktioniert. Wenn dann ein oder zwei den Part des Gegenspielers übernehmen, Dinge kritisch hinterfragen, entstehen oft wertvolle Ideen.
Die Team-Dynamik im Blick behalten
„In kreativen Teams, wo es um Forschung oder Innovationen geht, kann es eine recht hohe Anzahl eigenwilliger Persönlichkeiten geben“, sagt Kern. „Mal fetzen sie sich, wenn sie einen hohen Grad an Gleichberechtigung haben, dann kann das sehr gut gehen.“ Meist geht das nicht ohne Moderation. „Für die Führungskraft ist es wichtig, die Team-Dynamik gut im Blick zu behalten“, sagt Kern. Ein Kipppunkt werde oft erreicht, wenn Machtkämpfe, fehlende oder toxische Kommunikation die Zusammenarbeit erschweren. „Führungskräfte sollten hier moderierend eingreifen, Konflikte frühzeitig klären und eine gemeinsame Zielorientierung etablieren.“
Individualität und Teamintegration
Ganz wichtig sei, sich in die Mitarbeitenden hineinzuversetzen, sagt Beraterin Kern: „Wieso verhält sich die Person so? Welche Erwartung wird nicht erfüllt? Welche Stärken hat sie, die dem Team guttun?“ Wer das als Führungskraft erkennt, hat schon viel gewonnen. Unzufriedenheit, gleich ob aus Unter- oder Überforderung entstanden, lässt sich oft beseitigen, indem Betroffene mit Spezialaufgaben betraut werden.
Ein Beispiel: Eine „verträgliche“ Gruppe aus Betriebswirten wurde durch einen Mathematiker ergänzt, der Prozesse stark hinterfragte und das Team unter Druck setzte. Die Lösung: „Erkennen, dass das gut gemeint ist, und positiv bestätigen: Ich erkenne deinen Mehrwert, deine Kompetenz. Dann eine Verabredung finden: Komm erst zu mir mit den Ideen, ich gucke dann, wie sich das im Team integrieren lässt.“
Gezielte Integration von Eigenbrötlern
Ein anderes Beispiel: Ein engagierter Pfleger mit kreativen Ideen eckte an. Die Lösung: Eine Verabredung mit der Pflegedienstleitung, die ihm nach Erledigung der regulären Aufgaben Freiraum für seine Ideen gab.
Teams können von Eigenbrötlern profitieren, wenn deren Beitrag für das Team transparent gemacht wird. Jedes Mitglied braucht das Gefühl, in seiner Kompetenz anerkannt und in seiner Individualität akzeptiert zu sein.
Herausforderung: Störende Persönlichkeiten
Problematisch wird es, wenn Einzelne durch Nörgelei, destruktives Verhalten oder ständige Konflikte blockieren. Auch Selbstdarsteller können den Teamerfolg torpedieren. „Führungskräfte sollten den Ursachen für das Verhalten auf den Grund gehen, Gespräche führen und Grenzen setzen. Erwartungen, Rollen und Verhaltensstandards sollten eindeutig formuliert werden“, sagt Psychologin Felicitas von Elverfeldt.
Was Nein-Sager läutern kann
Ein ungeliebter Typ im Team ist der ewige Nörgler, der statt Lösungen vorzuschlagen, nur Probleme sieht. „Ist die Person noch an der richtigen Stelle? Langweilt sie sich? Gibt es Fähigkeiten, die sie entwickeln kann?“, fragt Beraterin Kern. Eine Strategie: „Trage doch vor, was dir nicht gefällt, dann gucken wir, wie wir mit deinen Anmerkungen umgehen.“
Auch Introvertierte laufen Gefahr, in die Außenseiterrolle zu rutschen. Führungskräfte sollten darauf achten, Ruhige gezielt einzubinden und mit Fragen aus der Reserve zu locken.
Gefährliche Teammitglieder identifizieren
Besonders gefährlich werden dunkle Charaktere: Psychopathen und Narzissten können das Teamklima stark schädigen. „Hat man sie identifiziert und ist das Teamklima total beschädigt, dann ist es Zeit zu überlegen, ob man sich nicht trennt oder über Versetzung nachdenkt“, sagt Kern. „Das erlebe ich häufig, dass Führungskräften das schwerfällt, aber ohne Mut zur Trennung wird viel kaputtgemacht.“
Oft trauen sich Mitarbeitende nicht, das Problem anzusprechen. In solchen Fällen empfiehlt sich ein Vieraugengespräch mit der Führungskraft. Denn oft verkaufen sich Narzissten nach oben sehr gut, während sie nach unten Machtspiele betreiben. „Führungskräfte sollten die Äußerungen aller Teammitglieder ernst nehmen.“
Ein gutes Arbeitsklima entsteht durch Gerechtigkeit und Wertschätzung. „Führungskräfte sollten darauf achten, dass die Aufgabenverteilung fair ist und niemand dauerhaft überlastet wird. Oft sind es die Leistungsstärksten, die zu viel tragen.“
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Quelle: Ursula Kals, F.A.Z.