Blog-Beitrag
Bürokratie ist herausfordernd – Weniger Zettel, mehr Zeit
// Veröffentlicht: 21. Mai 2025
Coaching im Gesundheitswesen Hamburg

Coaching im Gesundheitswesen HamburgWege aus der Bürokratiefalle

Der ganz normale Wahnsinn

Montagmorgen, 8:12 Uhr. Die Praxis ist voll, das Telefon klingelt pausenlos, eine Patientin steht mit unklarem Überweisungsschein an der Anmeldung – und die neue Mitarbeiterin kämpft mit dem Dokumentationssystem. Auf dem Schreibtisch stapeln sich Ausdrucke, Verordnungen und Rückfragen von der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Ärztin atmet hörbar aus: „Immer dieser Papierkram. An der ganzen Bürokratie gehen wir noch zugrunde.“

Diese Szene ist kein Einzelfall. In vielen Einrichtungen im Gesundheitswesen entsteht täglich ein Spannungsfeld zwischen dem, was eigentlich wichtig ist – der Arbeit mit den Patientinnen und Patienten – und dem, was getan werden muss – nämlich verwalten, dokumentieren, berichten, beantragen. Der hohe Anteil an Bürokratie bindet Ressourcen, senkt die Motivation und verursacht Frust.

Warum Bürokratie so belastet – und wo sie sich zeigt

Bürokratie im Gesundheitswesen ist nicht per se schlecht. Sie schafft rechtliche Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Qualitätsstandards. Doch wenn Checklisten wichtiger werden als Begegnungen und der Tag mit Dokumentation statt mit Entscheidungen endet, läuft etwas schief.

Typische Belastungspunkte:

  • Doppeldokumentationen: analog und digital, intern und extern
  • Regelprüfungen und Formulare: von Kassen, Behörden und Trägern
  • Abrechnungsprozesse, die komplizierter sind als ein ärztliches Gutachten
  • Unklare Zuständigkeiten, die für Nachfragen und Schleifen sorgen

In meinen Coachings berichten viele Führungskräfte, dass sie bis zu 30 % ihrer Zeit mit Aufgaben verbringen, die sie als „eigentlich nicht meine Aufgabe“ bezeichnen. Zeit, die für Führung, Entwicklung oder einfach menschliche Begegnung fehlt.

Wege aus der Bürokratiefalle – was in der Praxis funktioniert

Natürlich lässt sich nicht jede Anforderung abschaffen. Aber es gibt Stellschrauben, die schon im Kleinen große Wirkung entfalten:

  1. Prozesse auf den Prüfstand stellen
    In einem Workshop mit dem Leitungsteam einer Seniorenresidenz haben wir alle regelmäßig anfallenden Dokumentationsprozesse sichtbar gemacht – auf Kärtchen, mit Zeiten und Zuständigkeiten. Fazit: Über 20 % der Aufgaben konnten verschlankt oder zusammengeführt werden. Manches war schlicht überholt.
  2. Verantwortung klären und sinnvoll delegieren
    Viele Führungskräfte behalten Aufgaben bei sich, die gut in andere Hände gelegt werden könnten – aus Misstrauen oder Gewohnheit. Eine Coaching-Kundin, eine Bereichsleitung, hat nach einer Rollenklärung ihre Teamleitungen mit klaren Entscheidungsbefugnissen ausgestattet – seither ist der Ablauf effizienter, das Team zufriedener.
  3. Tools bewusst wählen und konsequent nutzen
    Nicht jedes Tool löst ein Problem – aber die richtigen Tools richtig eingesetzt schon. Eine digitale Aufgaben- und Kommunikationsplattform einzuführen, kann deutlich zur Entlastung beitragen. Denn es verschlankt die Kommunikationswege, die Zettelwirtschaft nimmt ab und der Überblick steigt. Wichtig dabei ist, wirklich alle mitzunehmen. Sonst ist das Chaos am Ende größer als zuvor.
  4. Raum für Reflexion schaffen
    Einmal pro Quartal 45 Minuten mit dem Team: Was behindert unsere Arbeit? Welche unnötigen Wege gehen wir? Diese Mini-Retrospektiven – fördern nicht nur Verbesserungen, sondern auch Beteiligung und Selbstverantwortung im Team.

Fazit:

Bürokratie lässt sich nicht komplett vermeiden – aber sie lässt sich gestalten. Führungskräfte, die gemeinsam mit ihren Teams klare Strukturen schaffen, Zuständigkeiten hinterfragen und den Mut haben, auch mal Altes loszulassen, gewinnen nicht nur Zeit. Sie schaffen Freiräume für das, was wirklich zählt: Fürsorge, Menschlichkeit und eine gute Versorgung.

Und das passt zu dem, was ich immer wieder erlebe: Ein starkes Team ist kein Zufall. Es entsteht dort, wo Klarheit, Vertrauen und Zeit für die wesentlichen Dinge zusammenkommen.

Reflexionsimpuls fürs nächste Teammeeting

Was sind unsere drei größten Zeitfresser im Alltag – und was könnten wir tun, um sie zu entschärfen?

Diesen Impuls können Sie direkt in Ihr nächstes Teammeeting integrieren – oder ihn als Leitfrage an die Wand hängen. Denn Veränderung beginnt mit dem Hinsehen.

Wo befinden Sie sich gerade mit dem Thema Bürokratie? Wenn Sie damit vorankommen wollen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf!

 

Fotocredit: Rosy von Pixabay